11.Sept. -Ins Spiti Tal nach Nako

Mi. 11.Sept. 2019 Ins Spiti Tal

Kurz vor 6 klingelt der Wecker. Der Rucksack war schon gepackt. So war ich zu zeitig und mußte mit paar Nepalesen an der Bushaltestelle erst einmal warten. Viele von ihnen arbeiten im Straßenbau. Das ist ein Job, der immer billige Arbeiter braucht. Dabei ist Straßen bauen in Indien zu über 50 % Handarbeit.
Selbst heißen Alphalt mischen, Steine klopfen, Beton mischen, Gräben ausheben... auch Frauen sieht man an den unzähligen Baustellen schuften.
In Rekong Peo hab ich noch etwas Zeit
und blättere im Lonely Planet. Warum sollte ich denn gleich nach Tabo fahren? Mich treibt ja nichts. Hoch oben in den Bergen liegen noch paar kleine Dörfer und so entschließe ich mich kurzentschlossen für Nako. Nach LP ein "windgepeitschtes Dorf, in dem tibetisch gesprochen wird". Sind nur 60km von hier, doch der Bus braucht dafür auch 5 1/2h.
Was jetzt kommt stellt wahrscheinlich die Tour hoch nach Leh noch in den Schatten.




Die Straße ist zum Teil direkt in die Steilwand geschlagen und diese bricht in regelmäßigen Abständen immer wieder ab. Fünfhundert, tausend Meter Fels zwischen Fluss und Himmel und die Straße darin regelrecht heraus geschält. Bei Gegenverkehr wird um den letzten Zentimeter Fahrbahn gekämpft, auch wenn große Abschnitte schon asphaltiert sind. Muss an die Rikscha Fahrer denken, die vorgestern hier durch mussten. Als das Tal unten zu eng wird, quält sich der Bus etwas nach oben. Und immer wieder sind kleine Dörfer abseits der Straße auszumachen. Ich frage mich, wie kommt man da nur hin. Langsam leert sich der Bus, die Felswüste wird immer trockener und die Dörfer seltener. Das Gebirge ändert laufend seine Farbe, von Glimmer-Grau in blendendes Kalkstein Weiß und dann wieder zu scheinbar unzerstörbaren Granit. Und plötzlich in dieser Wüste Pappeln und Terassenfelder . Nako und ein weiteres Dorf werden, von Quellen versorgt zu Oasen. Selbst Apfelbäume wachsen wieder und in den Terrassen ums Dorf werden gerade Kartoffeln und Bohnen geerntet. Nako hat sogar das Glück einen See sein Eigen zu nennen.


 

Ich finde ein Homestay direkt neben der Monastry. Ein top sauberes Zimmer mit großen Fenstern nach Westen und Norden. Bin nach Navi auf 3650m angekommen. Habe gleich für die nächsten 2 Nächte gebucht. (dummerweise hat mein Internetprovider hier keinen Masten in der Nähe, so müßt ihr etwas auf den blog warten )).
Der alte Dorfkern hat aus geschichteten Stein gebauten Häusern, die mit Lehm verschmiert sind.
Die Ställe für die Kühe und Esel bestehen aus offenen Steinwänden. Die Flachdächer sind der Vorratsplatz fürs Stroh, das wertvolle Brennholz und Stapel von Kuhfladen. Neben der Monastie gibt es überall noch kleine Gompas und Häuschen mit großen Gebetsmühlen. Und natürlich lässt der kräftige Wind die Gebetsfahnen lautstark flattern. Obwohl Tibet gleich hinter der Bergkette im Osten beginnt, sind die meisten Einwohner doch mehr Kinauer als Tibeter.


Komme mit einer Familie auf ihrem Feld ins Gespräch und werde glatt für heute abend nach ihrer Arbeit zu ihnen eingeladen. Als es dann dunkel wird, fällt natürlich der Strom aus. Da ist niemand auf der Straße, den ich nach dem Haus fragen könnte. Jetzt hab ich in der Dunkelheit sogar selbst das Problem mein Homestay wieder erkennen..... Schließe in guter Hoffnung Handy und Fotoakku an die tote Steckdose an. Den Offline Blog tippe trotzdem noch schnell ins Tablet. Noch ist der Akku nicht ganz leer.
Was für ein Sternenhimmel und als der Mond aufgeht lässt er zusätzlich die Schneefelder im Nordwesten hell erleuchten. Werde heute Nacht aber die Daunenjacke drüber ziehen.

PS:
Für eventuelle Nachahmer, versucht  wie ich im Bus  hierher unbedingt einen Platz auf der fahrerseite zu ergattern, dann habt ihr die ganze Zeit freien Blick auf den Fluss und die gegenüberliegenden Berge.


Do. 12.Sep. Nako
Hoch über dem Dorf in den Bergen steht eine Gruppe weiß getünchter Stupas. Die liegen zwar ganz schön oben, aber das wird mein heutiges Ziel. Nehme dahin aber den Weg über Süden am See vorbei durch die Terrassenfelder. Welche Mühe hier die Landwirtschaft macht, erkennt man erst, wenn man durch die Felder klettert. Von unten sieht man nur Steinmauer an Steinmauer. Es geht so steil nach oben, daß manche 2m hohe kunstvoll aufgeschichtete Mauer gerade den Boden für ein 3..4 Meter breites Feld fest hält. Dazu kommt noch die Notwendigkeit das Wasser von den 2 Bächen die von unterirdischen   Quellen gespeist werden,  richtig dosiert auf die Felder zu leiten. Überall sehe ich Bauern, die schon vor mir in den Bergen waren und kleine Kanäle für heute öffnen oder schließen. Nur die schon abgeernteten Gerstenfelder bleiben trocken.
Auf meinem Weg nach oben entdecke ich noch eine riesige Gebetsmühle und damit sie sich auch ohne Muskelkraft dreht, sind große Schüssel wie Windräder daran angebracht.


Weiter oben geht es nur noch über große Steine und Geröllfelder, bei den Stupas dafür eine fantastische Aussicht auf des ganze grüne Tal. Noch höher auf über 3900m mache ich Pause. Von hier liegt einem das ganze Tal zu Füßen. Fast an jedem Feldrand flattern Gebetsfahnen.
Nicht all zu weit im Norden von Tabo sehe ich das andere Dorf. Also geht der Abstieg in diese Richtung. Auf dieser Seite ist es noch steiler, so dass der eine Bach sogar zum Wasserfall wird.
Gegen drei bin ich endlich wieder auf einer festen Straße. Erkundigen mich noch nach der ungefähren Abfahrtszeit des Bus nach Tabo und laufe dann in das zweite Dorf. Dahinter eine einzige Steinwüste und ganz unten im Tal hat der Fluß einen Canyon geschnitten.
Als ich wieder im Homestay zurück bin, fühle ich mich eigentlich noch ziemlich fit, aber die Sachen brauchen dringend eine Wäsche. Da es hier unten in Nako immer noch über 30 Grad sind, ist gleich wieder Körpertrocknung angesagt.
Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie viele kleine Wege es zwischen all den Häusern in meinem Dorf gibt.

Fast alle der Häuser sind aus aufeinander geschichteten Steinen gebaut, die Flachdächer über den Holzknüppeln sind aber meist schon einer Zementdecke wasserdicht gemacht.
Aus unserer Sicht sind die Menschen bitter arm und leben unter unvorstellbaren Verhältnissen, aber das Dorf ist eine einzige buddhistische Gemeinschaft und jeder wirklich jeder lacht mich an und hat paar freundliche Worte - auch wenn ich es nicht verstehe.
(Aus Nepal sind auch paar buddhistische Familien hierher gezogen, die das neue Nako bauen, denn das Dorf wird inzwischen auch von indischen Touries entdeckt und die brauchen Hotels, Guesthäuser, Restaurants....)




Überall sind kleine Gebetsmühle in den Hauswänden eingelassen. Es werden Ballen von Winterfutter auf die Dächer gestapelt.
Jeder melkt seine  Kuh
und die heutigen Kuhfladen werden mit der Hand zu ofengerechten Kuchen geformt.




Eine alte Dreschmaschine wird angeworfen
und aus den aus den Bergen herunter geschleppten Gerstengarben werden die so wertvollen Körner für das tägliche Roti gedroschen.
Heute ist auch das Tor zur alten Monastie offen. Zwei junge Mönche halten die beiden Gebäude aus den 11 Jahrhunder so gut es geht in Schuss.
Die inzwischen fast unsichtbaren Miniaturen der Wandgemälde sind , wie mir einer der Mönche erzählt, noch aus der Gründungszeit der Monastie. Dann beginnt ihre Gebetszeit und ich sitze wie immer in einer Ecke und bin nur noch glücklich.


... Wollte gerade anfangen den Blog von heute einzutippen, das klopft es an der Tür. Ich solle doch runter zum Essen kommen.
Auch die Eltern der Homestay Familie und ein Freund sind gekommen und so sitzen wir um den zentralen Ofen und trinken erstmal einen Tee. Hole meinen Packen Bilder hervor und sie gehen immer und immer wieder die Runde....
Zum Essen gibt es dann Kürbis Curry und frisch gebackenes Roti.




Jetzt erfahre ich endlich auch , das die Leute hier zwar Kinaur sprechen, ist aber das Upper Kinaur und dem tibetischen sehr ähnlich. Man steckt für mich sogar eine USB Stick mit originaler tibetischer Musik in das Handy. Auf meine Frage, ob sie hier auch tibetische Sender aus China empfangen können, müssen sie lachen. Tibetische Sprache ist in tibetischen Rundfunksendern verboten. Das Lower Kinauer, welches zwischen Shimla und Rekong Peo gesprochen wird , versteht hier niemand. Dort haben sie ja auch andere Götter. Nur die Kappe mit der grünen Borte ist für alle bindend.


Kommentare

  1. Wir machen uns Sorgen, weil dein Blog schon mehrere Tage nicht wächst.
    A&A aus Sizilien

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