8. Okt. Das Zanskar Tal

Inhaltsverzeichnis
Vorheriger post

8.Okt. Nach Padum

... Inzwischen ist der 16. Okt. War seit dem 8. Offline und habe deswegen meinen Plan vor paar Stunden geändert. Ihr seht, es hat funktioniert. G4 und Internet geht wieder. Es ist kurz nach 4Uhr morgens und ich sitze in Amritsar an der Straße und die Stadt erwacht langsam.....


Di. 8.Okt. Zanskar
Punkt Fünf stand mein Taxi vor dem GH. Auf meine Frage, wie viele Fahrgäste er heute habe...nur 2. Mach es mir auf der Rückbank des Tata SUV bequem. Nach paar km steigt noch ein junger Mann ein. Ein kurzes Frühstück, süßer Tee und 2 Samosas ( frittierte Teigtaschen).  Der Fahrer muß die Weiterfahrt etwas verzögern, da der Polizei-Checkpoint für meine benötigten Stempel noch nicht besetzt ist. Meine Fahrt wird heute noch 4..5 mal in hoch wichtigen Büchern registriert.
Die Dörfer während unserer ersten Stunde Fahrt sind muslimisch. Es beginnt zu steigen und die Berge rechts und links haben in den letzten Tagen schon 'ne Menge Schnee abbekommen.
Die ersten 3h klettern wir  langsam aber kontinuierlich bis auf die 4000m .


Hatte angenommen, daß ein Fluß "Zanskar" der Namensgeber des Tales ist, aber uns begleitet ein Fluß Suru und später der Stod.



Die Gletscher auf der Südseite des Tals werden immer mächtiger und die Berge überschreiten die 7000m. Der "Nun" ist der König über den Zanskar Tal.

Ein Sturm an seiner Spitze lässt einen Eiskristall- Regenbogen entstehen. Ewiges Eis im besten Sonnenschein. Dass wir seit Stunden nur Schotter unter den Rädern haben ist ja klar.
So wie der Wagen auf den Steinen herum springt ist es gar nicht so leicht zu fotografieren. Zumal, wenn ich die Seitenscheibe herunter kurbelte, sofort  Minusgrade unseren  Wagen durchziehen. Der Fahrer lässt mich aber gewähren. Wir haben die 4500m überschritten, als sich ein Gletscher bis kurz vor die Straße schiebt. Am liebsten würde ich aussteigen und auf ihn hoch klettern. Teile des Eis sind von Geröll aus Erdrutschen bedeckt, an den Spalten ahnt man aber seine Mächtigkeit.
Die Straße biegt ins Nachbartal und verliert wieder an Höhe. Im Tal überall kleine Schmelzwasserseen . Erst jetzt zu Mittag schafft die Sonne es die Eiskunstwerke, die die  Wasserdampf-Ausdünstungen der wenigen Pflanzen entstehen lassen hat , wieder vergehen zu lassen..
Nach vielen Stunden die ersten Häuser und eine Monastry. 
Trotzdem passieren wir immer noch völlig vergletscherte Seitentäler. Wir sind schon 7h unterwegs, als die ersten weit zerstreuten Dörfer erscheinen.  Überall Yaks, paar abgeernteten Felder. Mit dem angepflanzten Büschen versucht man der Winderosion etwas entgegen zu treten.  Das Sommerhalbjahr ist so gut wie niederschlagsfrei, erst der Winter bringt mit Wolken auch  Schnee und so das einzige Wasser im Jahr. Inzwischen versucht man auch in Folien Gewächshäusern  etwas Gemüse anzubauen.
Nach 11h kommen wir in Padum, dem Hauptort von Zasnsksr an. 240km zeigt mein Navi. Padum liegt mit mehreren kleinen Dörfern in einem Talkessel von 2..3 km Durchmesser. Die Temperatur ist schon  wieder unter Null gefallen und der starke Wind macht es noch viel kälter. Finde mein GH etwas außerhalb. Will die 2h Licht noch nutzen und laufe einfach eine Runde. Die Leute holen ihre Kühe und Schafe rein. Die Yaks bleiben auf den Feldern.
Die Alten kommen mit den Dungkörben ebenfalls von den Viehweiden zurück. Muss nach 30min umkehren, so friert es mich. Es gibt zwar mehrere Läden aber ich suche Trinkwasser in Flaschen. So was braucht aber kein der Einwohner...  Ein Mann erzählt mir, dass Padum im Winter, hier von November  bis April von der Außenwelt abgeschnitten ist. Im Notfall kommt manchmal ein Hubschrauber. Das Hauptproblem ist aber, dass im Winter nicht nur die Bäche und Flüsse, sondern sogar die Brunnen zufrieren. So hat die Gemeinde Wasservorräte in beheizten Hallen oder man muss Schnee schmelzen. Habe schon das Vorratslager mit tausenden Gasflaschen gesehen.
Nur zum kochen reicht eine Gasflasche 2Wochen.  Muss man vorher den Schnee schmelzen kaum eine Woche. Der Dung ist zum heizen.
Für mich ist das Tal eines der schönsten, das ich je gesehen habe, für die Zanskar aber ein Leben voller Entbehrungen.
Zum Glück hat mein Zimmer 2 Betten. So mummle  ich mich  gleich unter  2 Bettdecken ein. Zur Zeit kein Strom. Hoffentlich kommt er heute Nacht wieder, denn alle Akkus sind ziemlich leer.

Mi 9.Okt. Karsha Monastry
Hab mich gestern doch etwas erkältet und das Wetter heute macht das nicht besser. Ein kalter Wind pfeift aus Westen über die Schneeberge und die Sonne lässt sich auch nicht blicken.
Will heute zur Karsha Monastry am gegenüberliegenden Ende des Tales wandern. Ist ein ziemlich kleiner buddhistischer Orden. Man erkennt die Mönche aber an ihren typischen (Schlumpf) Mützen... Auf dem Weg dahin muss ich feststellen, daß das Tal nicht 2 sondern gut 10km breit ist.
Die klare, dünne Luft lässt alles näher erscheinen. Nehme den Weg quer über die abgeernteten Felder und ein Stück die neue asphaltierte Straße. Die meisten der in sichtweite liegenden Dörfer sind  an den Hängen des Tales gebaut. Erstens gibt es dort Bäche mit Trinkwasser  aus dem Bergen und es wird auch kein fruchtbares Schwemmland vergeudet.
Karsha, das Dorf unter der Monastry scheint viel älter als Padum zu sein.  Die Art, wie man  hier baut, Steine mit Lehm verschmiert, ist nicht für die Ewigkeit, auch wenn es die Monastry auf über 500  Jahre bringt,
Teile der Monastie und des darunter liegenden Dorfes sind schon arg zerfallen. Viele Mönche und Nonnen scheinen nicht mehr hier zu wohnen. Das, was der junge Mönch heute in der Klosterküche kocht reicht für höchstens 10 Leute.
Im Hof vor dem Gebetssaal sitzt ein alter Mönch und bietet mir Tee an.
.


Paar Minuten später ist er schon wieder eingeschlafen. Sein Mönchsleben läuft wohl langsam ab...
Mir wird sogar das schwere Tor zum Gebetssaal aufgeschlossen und ich kann völlig unbeobachtet durch die alten Räume und Nischen streifen....
Auf den Rückweg winkt mich eine Frau in ihr Haus. Bestimmt 10 weitere Frauen sitzen in der Runde und stricken und schwätzen. Sie hoffen wohl, das ich ihnen wenigstens eine Mütze oder paar Handschuhe abkaufe..
Sorry, ich weiß doch, daß ich das nie tragen werde.
Die 10km Heimweg treibt der Wind mir dann sogar noch feinen Staub ins Gesicht. Beschließen morgen früh zurück nach Kargil  zu fahren....
...und plötzlich gelingt der Sonne doch noch für 3h die Wolken weg zu bruzeln. 
Das Nachbardorf von Padum ist viel interessanter.
Hier leben Bauern ( in Padum sind viele Händler  und Guesthaus Betreiber) . Die spärliche Gerstenernte wird noch mal mit der Hand nach Steinchen und Fremdkörpern verlesen.



Nur die ganz Alten haben wie ich die Zeit, die Abendsonne zu genießen.
Im westlichen Teil von Padum  lebt auch eine muslimische Gemeinde. Hier scheint auch Alt-Padum gelegen zu haben. Mehr verfallene als bewohnte Häuser.
Werde morgen früh ab 5 Uhr am Ortseingang auf ein Shared Taxi zurück nach Kargil warten. Wird schon irgendwie klappen.
Hatte bisher eigentlich kein Problem mit der Höhe, aber in Zusammenhang mit der Erkältung und über 30km Fußmarsch bei Sturm haben ich heute trotzdem paar mal meine Grenzen gespürt.

Do 10.Okt.  Stagrimo Gompa.
Ich stand zwar um 5 an Taxistand, nur die drei Jeeps, die sich in den nächsten 2h  auf den Weg nach Kargil machten, waren bis auf den letzten Platz besetzt. Blieb mir erstmal nichts weiter übrig als weiter zu warten und zu hoffen.  Ist nicht richtig lustig bei paar Grad unter Null. Ein Tankwagen fuhr zwar noch Richtung Kargil,  nahm aber niemanden mit. Kurz vor 8 gebe ich bibbernd auf. Wer jetzt erst starten sollte, der schafft es sowieso nicht mehr bis zum Abend nach Kargil.  Zurück ins GH. Im Zimmer ist es  nicht so viel wärmer als draußen und da heute keine Wolke am Himmel war beschließe ich Richtung des Hausbergs von Padum zu steigen. Natürlich nur so hoch, bis mich endlich die Sonne erreicht. Hatte beim Sonnenaufgang schon paar schöne Bilder von seinem schneeweißen Gletscher gemacht. Mein Aufstieg endet bei  fast 3900m.
An einem windgeschützten Steinzaun lass ich mich fallen und genieße die wärmenden Strahlen.... Würde mich schon reizen noch bis zur Schneegrenze weiter zu laufen. So schwierig sieht das Geröllfelder  gar nicht aus. Dann siegt aber doch die Bequemlichkeit und ich steige zur Stagrimo Gompa ab.

22 Mönche leben hier, die meisten in eigenen  kleinen Häuser. So sitze ich mit einem von ihnen zwischen Blumen vor seiner Tür.
Der Tee geht aus und er winkt mich ins Haus in seine Küche. Zwei Frauen aus Padum haben etwas zu essen hoch gebracht und so verputzen wir alle zusammen gleich wieder einen Teil davon.
An einem anderen Haus ein ausgestopfter Bär.

Der Mönch versucht mir zu erklären, dass im Winter die Bären bis in die höher gelegenen Kloster kommen und dort sogar die Fenster eindrücken nur um an Fressen zu kommen.
Die kleine Klosterschule beginnt gerade ihre Mittagspause. Irgend jemand hat schon heute früh gekocht und der älteste Schüler muss alles nur noch mal kurz aufwärmen.
So sitze ich zwischen den hungrigen Kleinen. Es gibt Reis mit etwas gekochtem Blumenkohl...
Will unbedingt gegen 17Uhr am Taxistand sein und  für morgen früh für mich einen Platz sichern. Bis dahin bleibt aber noch Zeit, das Hochtal südlich von Padum zu erwandern. Eine kleiner See und fast flaches Gras und Ackerland. Weiter nach Süden ein Dorf, bevor es wieder in die Schneegipfel geht. Viele der Yaks haben auch Rinderblut in ihren Adern, das  schwarze Exemplar auf der Wiese bestimmt  nicht.
Trotz ihrer bulligen Gestalt sind Yaks eher menschenscheu und ich muss schon etwas tricksen um näher heran zu kommen. Das Tal wäre bestimmt auch eine Wanderung wert,  aber eigentlich muss ich weiter...
Wieder in Padum, ich kanns kaum  glauben. Der Montagsbus aus Leh ist eingetroffen. Der letzte Passagier, ein Jungbulle, der seit Kargil den hinteren Teil des Busses vollgeschissen hat, wird ausgeladen. Der Busfahrer muss selbst lachen. "That is India".


Will unbedingt ein Ticket. Alle Plätze schon ausverkauft. Lasse nicht locker. Nach zehn Minuten ein nicken, kann morgen früh meinen Rucksack auf den Motortunnel legen und mich darauf setzen. Jetzt müssen sie aber erstmal dem Misthaufen im Heck heraus räumen. Morgen früh um 4Uhr fährt er  zurück nach Leh. Ich brauche nur die halbe Strecke nach Kargil.
Auf der Hauptstraße treffe ich wirklich eine Ausländerin. Sie ist Australierin und freie Journalistin.  Schreibt Reisereportagen. Sie lädt mich zu einem  Kaffee ein und wir plauschen über ihre und meine Reisen...
Will heute zeitiger  ins Bett, komme aber an der Küche  meiner GH Familie nicht vorbei und lande schon wieder beim Tee und beim  Essen...
Noch fehlt der Strom, brauche für morgen aber noch volle Akkus. Da in Indien jede Steckdose einen Ein/Ausschalter besitzt weiß ich nicht ob die Dose zur Zeit auch eingeschaltet ist. Also warten, bis Licht wieder da ist.

Fr. 11.Okt. Zurück nach Kargil
Um Zehn kam endlich der Strom. Als kurz nach drei der Wecker klingelt sind sie Akkus zwar voll, ich aber immer noch müde.  Bin der erste am Bus. Draußen. -4 Grad , im Bus ganze +4Grad.  Und wie üblich keine Heizung , dafür pfeift der Wind überall rein. In Padum steigen grad mal 5 Leute ein, bringen aber 10 große Säcke mit. In einem kleinen Dorf paar km weiter stehen aber bestimmt 40 Frauen und paar Kinder. So viele gehen nun wirklich nicht in den Bus.
Später erfahre ich, dass sie zu einer buddhistischen Wallfahrt wollen, und das ausgerechnet ins islamische Kargil. Der Busfahrer lässt echt paar der Frauen stehen und weist mir danach einen echten Sitzplatz zu.😮
Bekomme von meiner Sitznachbarin eine Decke um mich wenigstens etwas vor der Kälte zu schützen.
So frieren wenigsten nur die Zehen ab. In den nächsten Dörfern wird nur noch Stückgut zu geladen, fein säuberlich mit Handynummer und Dorf, wo das wieder abgegeben wird. Ab 11 wird es langsam etwas wärmer. Die Bäche und kleinen Seen im Tal beginnen in der Nacht aber schon zu zufrieren. Das macht die Landschaft aber eher noch schöner.
Hatte mir vorgenommen keine weiteren Bilder vom Tal zu machen (habe davon  fast schon 500 auf dem chip),  das Zanskar Tal ist aber so was von schön, schon allein die Farben. Der Berg, den ich bei der Hinfahrt als Num angesehen hatte war der Pinnacle Peak. Von dem ersten 7000er, den "Nun" sieht man von der Straße  nur den Gletscher, der Zwillingsberg "Num", auch über 7000m,  steigt aber dreieinhalb tausend Meter als Wand direkt neben der Straße beginnend in den Himmel.
(ein Berg heißt wirklich Num und einer Nun)





Die Spitze bildet ein glitzernder Eispanzer. Die folgenden 5000er  Berge sind da schon fast langweilig.
Dreizehn Stunden braucht der Bus bis er endlich Kargil erreicht. Dreizehn Stunden schwerste Knochenarbeit für den Busfahrer. Viele der engen Serpentinen sind einfach nichts für einen Bus. Auf der 30km langen Hochebene ist die Straße eher eine Empfehlung. Da suchen sich die meisten ihren eigenen Weg zwischen den Steinen. Und  das alles für ein Ticket für 450rs (5,50Eur)

Der Busverkehr der nächsten 300km  von Kargil hinunter nach Kashmir ist wirklich wegen des dortigen Generalstreikes eingestellt. Ein gutes Geschäft für die Taxis. Morgen gibt es  gleich den nächsten Reisetag.
Mein GH ist heute abend noch offline. Hoffentlich ändert sich dass noch.

nächster post

Kommentare

  1. Hallo Gerold. Ich mache mir schon wieder mal Sorgen! Gib doch mal ein Lebzeichen von Dir. Bitte!

    AntwortenLöschen

Kommentar veröffentlichen