28.-30.Nov. Khajuraho

Inhaltsverzeichnis
Vorheriger post

Do 28.Nov. Khajuraho

Habe himmlisch geschlafen und als erste Tat am Morgen gleich mal auf die Dachterrasse des Hostel geklettert.  Eine Jain Tempelanlage und paar ältere Steintempel liegen in unmittelbarer Umgebung. Dorthin geht es mitten durch das Dorf und die umliegenden Felder.
Khajuraho ist auf dieser Seite der Hauptstraße wirklich ein Dorf

und könnt auch irgendwo in Rajasthan liegen. Vor den Häusern noch überall die Zeichnungen von Divali.
Die Häuser farbenfroh getüncht und  Kühe werden gemolken.

Ich fühle mich wohl. Was in Südindien eher Ausnahme, hier wird wieder gebettet und das obwohl die Kinder nicht arm erscheinen und viele gerade in ihrer Schuluniform zum Unterricht laufen. Würden nicht immer wieder Touristen die großzügige Europäer heraus hängen lassen und schon mit 10 Rupien Scheinen oder Schokolade durch das Dorf laufen, würde es sowas auch nicht geben.
Und eigentlich wissen auch die Kinder, dass sie nicht betteln sollten. Stelle ich sie zur Rede, kommt ein "sorry" zurück und sie rennen weg....
Das Jain Pilgerzentrum liegt nur einen halben km Straße vom Hostel weg,
...warum  muss ich dann aber den Weg durch die Wiesen und die mit Stacheldraht eingezäunten Felder nehmen ?
Die Jain Religion muß mit dem Buddhismus entstanden sein. Als ich in Delhi das erste mal Skulpturen ihres  2500 Jahre alten Begründer gesehen hatte, habe ich wirklich gedacht, es sei Buddha, aber nackt mit all seiner ganzen Männlichkeit.
Es gibt aber auch viele Darstellungen in meditieren Lotussitz.
Jaintempel waren für mich immer Tempel, in die ich nicht hinein durfte und wenn, dann musste alles (tierisches) Leder abgelegt werden. Fotografieren war aber immer verboten.
Nicht hier in  Khajuraho. Man kann den Jain bei ihrem Gebet zusehen,
werde sogar ermutigt mit zu ihnen in den Tempel zu kommen.

Während ihres Gebet lesen sie , wie die Sikh aus ihrem heiligen Buch.  Neben den vielen Tempel gibt es zig kleine Meditationsräume,
in die sich die Pilger ( die Frauen meist in weiß, die Männer in orange gekleidet) nach ihrer einzigen Mahlzeit am Tag zurück ziehen.  Während die Frauen ihr Essen einnehmen, stehen Männer daneben um ihnen frische Luft zuzuwedeln.
  Zu den Utensilien eines Jain gehört unbedingt ein Wedel, mit dem eventuelle Insekten auf ihrem Weg weg gekehrt werden. Bekomme sogar von einer der Pilgerinnen eine kurze Einweisung über ihre Ernährung . Vegetarisch, das ist ja klar, aber auch keine Eier, Honig, Milch  und keine Früchte, die unter der Erde wachsen.  Das macht es schon ganz schon schwierig...
Ja kein anderes Lebewesen zu töten ist ihre höchste Premiere.
Ist schon weit nach Mittag, als ich mich endlich  zu den drei alten Hindu Tempeln aufmache.



Glaube, Khajuraho hätte nicht so einen Bekanntheitsgrad, wären da nicht die seit über 500 Jahren in Stein gemeißelten  erotischen  Darstellungen.
Meine beiden heutigen Tempel halten sich damit aber noch etwas zurück.
Die "heißen"  Szenen hebe ich mir für übermorgen auf....
Am späten Nachmittag erreiche ich das touristische Khajuraho. Tuk Tuk Fahrer und Händler können dort richtig nerven. Nur 500m weiter ist Indien aber wieder Indien.
Komme mit einen Bauern und Guesthouse Betreiber ins Gespräch.  In  2 Wochen ist die Hochzeit seiner zweiten Tochter. Er rechnet mit 5.000 Gästen . Auch wenn er übertreiben sollte, überall um sein Haus wird schon kräftig gewerkelt.
Heute ist im Ort  auch der Wochenmarkt.  Ich liebe solche Märkte, aber der übertrifft alle bisherigen in Größe und Vielfalt....








Ein dritter Tag hier passt gerade noch in meinen Zeitplan, aber für übermorgen Nacht habe ich schon ein Bus-Sleeper Ticket nach Delhi. Startpunkt 50km von hier, aber das wird schon irgendwie klappen. Morgen früh  steig ich aber erstmal aufs Fahrrad um....

Fr. 29.Nov. Raneh Wasserfall und  Nationalpark
Mein Fahrrad stand wirklich kurz vor sieben schon neben der Rezeption.  Stabiles indisches Damenfahrrad mit bestimmt 25kg Eigengewicht...
Bin mir, selbst als ich kurz danach in den Sonnenaufgang  los fahre noch nicht sicher, wohin es gehen soll.
Erst mal raus aus Khajuraho. Im Norden heben  sich paar Berge über die flachen Reisfelder und als ein Straßenschild Werbung für einen Wasserfall und einen Nationalpark macht, biege ich in diese Richtung ab.  Als erstes komme ich aber bei einer beginnenden Hochzeit vorbei.
Die Tochter einer armen Bauernfamilie hat heute ihren großen Tag.
Die in Weiß ist die Braut
Für die ersten Gäste wird Tee gekocht 

und in Plastik Bechern serviert.
Ein Traktor stellt einen Wassertank neben die Hütte. Das bisschen Wasser, das sonst in den Alu Krügen von Brunnen geholt wird, reicht heute wohl nicht. Die Hütte der Familie besteht aus einem heute leeren Zimmer und den Ziegenstall daneben. 
Auf der anderen Straßenseite kocht in einem großen Topf der Reis und im Wok  schwimmen die ersten Pakoras  heißem Öl.

Mir wird die Ehre zuteil, als erster das Hochzeitsmahl zu probieren. Zu dem Reis und dem frittierten Gemüse, liegen 2 zuckersüße Reisbällchen auf dem Styropor Teller und oben drauf gibt es getrocknete Nudeln à la Tütensuppe. 
Die Familie ist richtig aufgeregt mich zu bewirten und ich habe eigentlich ein schlechtes Gewissen....
Die weiteren 18km bis zum Wasserfall sind gesäumt von zwei Dörfern und wenigen kleinen Hütten. 

Die Felder, meist schon umgeackert müssen aber (wenn nicht mit Pumpen bewässert) bis zur Ende der Trockenzeit mit ihrer Bestellung warten.



Kleine Büffel- und Ziegenherden und etwas Gemüse im Garten  sichern nun das Überlebenden.

Der angekündigte Panna Nationalpark ist noch mal 25km weiter entfernt,
aber zum  Raneh Wasserfall des Ken Rivers sind nach einem Schlagbaum mit dem Rad nur noch 15min. Ranger bieten sich mir als Guide an, denn entlang des Ken beginnt schon die Pufferzone  des NP und der  " Grand Canyon"  Indiens ist auch Schutzgebiet für Gavial Krokodile .
Ende November lässt sich nur erahnen, was in der Monsunzeit hier los ist.



Auf über einem km Breite liegen die in der Regenzeit überschwemmten Felsformationen.
Aber selbst jetzt stürzt der Ken in türkis grüne Krater, die sich in neue Flussarme entleeren.






Hatte "nur" einen Wasserfall erwartet, stehe aber von einem Naturereignis, dass sich leicht mit den Mekong-Fällen in Laos messen kann.












Und dem nicht genug. Die savannenartige Pufferzone ist voller Tiere.  Hunderte Languren mit ihren schwarzen Gesichtern  suchen nur wenige Meter neben mir nach Fressbarem


oder umlagern die künstlichen Wasserstellen.
Die viel kleineren rotgesichtigen  Makaken tummeln sich in Gruppen bis 20 Tieren in ihren Revieren.
Wirklich überall zwischen den Bäumen grasen große Nilgau  Antilopen (nach Wikipedia bis 300kg schwer)
Die Böcke ganz schwarz, die Kühe in hellbraun.



und ganze Rudel scheuer gepunkteter Hirsche ergreifen vor mir und meinem Rad die Flucht.





Ein Fuchs  läuft mir  über den Weg...
und wilde Pfaue lassen ihre kreischende Rufe erschallen.  Selbst ein kahlköpfiger Geier sucht die Klippen nach abgestürzten Tieren ab.


Auf späteren Rückweg kreuzt noch eine Rotte Wildschweine meinen Weg. Bin eigentlich ganz froh, dass die Tiger aus dem 25km entfernten Panna Nationalpark nicht hier jagen. Da hier nur Pufferzone ist,  dürfen wohl auch die Bauern ihre Büffel in den Wald grasen lassen.

Immer wieder lass ich das Rad einfach liegen und kletterte  kleine Pfade hinunter zu den Steilufer des Ken. 

An einem Aussichtpunkt treffe ich paar Inder mit einem Ranger. 
Er  reicht mir sein Fernglas und unten am Wasser sehe ich 2 riesige Krokodile sich auf den Felsen sonnen.
Eine ganze Kolonie schwarzschnäblige Störche hat sich ebenfalls ihren Felsen ausgesucht.....
Nennt mir einen Nationalpark, den man erradeln darf und das bei 60cent Eintritt. Der heutige Tag war wirklich die Überraschung auf meinem diesjährigen Indien Tour...

...von meiner Hochzeitsfeier am Morgen zeugen am abend nur noch ein Haufen Plastikmüll um die Hütte...

Die über 60km heute auf wirklich schweren Rad haben doch deutliche Spuren an meinem Hintern hinterlassen😕

30.Nov. Die Westgruppe der Tempel

Die Tempelgruppe, die den Status  Weltkulturerbe hat
besteht aus  5 großen und paar kleinen Tempeln und wurde vor 500 bis 1000 Jahren errichtet.




Das besondere sind die bestimmt 10.000 in den Sandstein gemeißelten Reliefs und Figuren, die die Außenwände der Tempel zieren. Von nur 10cm bis mehr als lebensgroß wurden Krieger und Herrscher,
aber auch Alltagsszenen und Feste verewigt.
Die damaligen Herrscher müssen Fans des Tantraa Yoga  gewesen sein und sie haben diese Lehre wirklich sehr großzügige ausgelegt.
Damals scheint es kein Problem gewesen sein auch schwul oder lesbisch gewesen zu sein...


Heute würden manche Darstellung unter Hardcore Porno fallen. 
Da wurde Sex in der Gruppe und mit Tieren,










aber auch sinnlich und an sich selbst gemacht. Bei dem mit einem Elefanten ist dem Steinmetz aber wohl die Fantasie etwas durch gegangen. 
Die zehn Prozent der erotischen Darstellung sind regelrecht umlagert und als Kunst in Verbindung mit ihrer Religion sind die Figuren im eher verklemmten Indien wohl eine willkommene und  erlaubte Form ihrer  sonst nicht öffentlich gezeigten sexueller Fantasien. (hab ganz schön lange an diesem Satz gefeilt 😇)

Aber auch ohne das ganze Tantra hätten die Tempel des Kultstatus verdient.















Ist schon was anderes, als die sonst Götter verherrlichenden Tempel,  wo ich mich oft Fragen muß, ob die angebeteten Dinge wirklich eine Inkarnation von Shiva oder...sind.
Obwohl ich  immer und immer wieder neue interessante Reliefs finde ist nach 4 Stunden mein Bedarf daran für die nächste Zeit mehr als gedeckt.






Will bevor ich zum Bus gehe alle Akkus für morgen noch was vorladen. Dummerweise gibt es im Hostel angekommen einen Stromausfall. Auf dem Gasherd lassen sich aber wenigstens noch paar Tassen Kaffee kochen.
Der Bus nach Delhi startet doch nicht hier, sondern im 50km entfernten Chhatapur. Hätte auch einen anderen Bus dahin  genommen, aber mit einem Shared Taxi mit 4 Fahrgästen kostet das pro Nase grad' mal 50rs. Nach meiner Rechnung sind mit den 200rs (=2,40€) nicht mal die Spritkosten gedeckt. Der Tata PKW ist gar nicht so schlecht. Da klappert (noch) nichts, man sitzt bequem und drin ist es richtig leise. Etwas anders ist das mit dem Sicherheitsgefühl. Bestimmt jedes fünfte Fahrzeug ist nachts unbeleuchtet. Noch schlimmer sind die Kühe, die auf der Straße nach Hause laufen oder sich auf der warmen  Fahrbahn hingelegt haben um zu schlafen. Kühe ignorieren- im Gegensatz zu Hunden, Ziegen, Menschen - selbst ein mehrstimmigen Hupkonzerte ohne jegliche Reaktion.
Chhatapur hat den chaotischsten und  schmutzigsten Busbahnhof, den ich je erlebt habe.


Kreuz und quer zwischen den Markt- und Essensständen parken Busse. Gebe nach paar Minuten auf einen Mülleimer für meine Orangenschalen zu finden und lasse sie zu den anderen Müll einfach fallen. .
Auch die andere Raststätten in der Nacht haben eher ein Bild der Trostlosigkeit....

...mein Bus bekommt  aber eine 3 plus





Nächster post



Kommentare