7.- 11. Nov. Hampi

Inhaltsverzeichnis
Vorheriger post


7.Nov.  Hampi

Wenn Hampi heute  meist nur Indienfans etwas sagt, so ist die Ruinenstadt um das Dorf bestimmt sowas wie Ankor für Kambodscha, der Rest eines untergegangenen Hindu Königreiches. Vijayanagar (so hieß die Stadt bis sie im 16Jh. durch muslimische Krieger zerstört wurde) ist eingebettet in einer Landschaft, in der Riesen mit Granitkugeln gespielt haben müssen. Überall liegen die bis 20m großen Monolithen herum und die Landschaft ist vielleicht noch interessanter als die Tempel.
Das Dorf hat kaum 100 Häuser, der Fluß an dessen  Rand  es liegt, gilt aber auch noch heute als heilig. Pilger kommen, um sich nach einem Bad  ein besseres Karma zu erhoffen. Diese Kombination , Touristen und Gahts zieht natürlich auch falsche und richtige Sadhus/Babas an. 
Hampi hat mindestens je Haus einen Touristenstand mit dem üblichen Plunder.
Gegen 8 kommt mein Bus  in der Nähe des Haupttempels an. Das sieht ja erstmals ganz gut aus. Das bald gefundene Guesthouse eher weniger...Etwas schmuddelig, indische Hockklos und Handynetz ist eher Glückssache.
Erst mal runter zum Fluß. Ein Elefant relaxed während er von seinem Mahout geschruppt wird.
Ach die Pilger verbinden ihr Bad mit einer gründlicher Körperpflege.
Der Fährmann wartet, bis wirklich der letzte Sitz in seinem kleinen Bootes besetzt ist. In der Zeit sind die Fischer in ihren runden Schwimmkörben schon paar mal durch den Fluß gepaddelt.  Nach einem ersten Abstecher in Hampis Haupttempel schlendere ich wieder an den Fluß. Das dieser auch reißend sein kann, beweisen die Müllreste, die bis10m hoch in den umliegenden Bäumen hängen. Heute kann ich mich aber auf eine warme Granitplatten am Wasser legen, etwas in der Sonne zu dösen und den Fischern zusehen.
Zum Mittag gibt es eine Tüte Moong Dal und danach geht es durch Bananenfelder einmal ums Dorf.
Viele Bewohner von Hampi mussten wegen Weltkulturerbe und so nach New-Hampi umziehen und leben nun in kleinen Betonwürfeln. Zu tun gibt es, außer Reis und Linsen auszulesen nicht all zu viel. Paar Ziegenhirten leben in Zelten an Dorfrand. Ansonsten Zuckerrohr- und Bananenfelder und überall türmen sich die Granitfelsen auf. Dazwischen bis zum Horizont weitere Tempel.
Sollen in über 25qkm verteilt um Hampi liegen. Die Gegend ist ziemlich feucht, aber auf den Felsen kann man gut sitzen und die bizarre Landschaft bewundern.
Als die Sonne beginnt unter zu gehen finde ich Hanuman's Tempel. Der Affengott ist aus einem riesigen Granitblock gemeißelt. So massiv, daß die Zerstörungswut der Muslims vor 500Jahren ihm nichts anhaben konnte. Lasse die Sonne im Abenddust langsam verschwinden.

Auch die vielen Affen auf den Felsen um mich scheinen das Schauspiel zu genießen...
Kann, bevor ich ins GH laufe, noch paar frittierte Gemüsebürger und neue Wasserflaschen bekommen. Aus einen der gemauerten Haupttempel singt ein MP3 Prister monotone Mantras.
Die Affen ziehen sich in ihre sicheren Schlafplätze ganz oben auf den Tempeln zurück. Einheimische haben mir erzählt, dass Nachts öfters Leoparden ins Dorf kommen und sich einen Hund oder eine Ziege holen.... Passt ganz gut zur einbrechenden Nacht.

Fr. 8.Nov.
Direkt vor dem GH stehen 10 Räder zum ausleihen. Die Landschaft um Hampi läd ja regelrecht zum radeln ein. Kurzer Blick auf die Karte. Die nächste Tempelgruppe liegt im Osten. Ist auch nach 15min erreicht,  brauche dann doch fast 3h um einmal alles anzusehen.
Der Fluß, der durch Hampi fließt bildet kleine und größere Seen. In der Monsunzeit scheinen sie aber eine einzige Wasserfläche zu bilden und einige der Tempel und Skulpturen liegen dann unter Wasser.
Es gibt auch ein noch gut erhaltenes königliches Bad.
Von anderen Gebäuden sind oft  nur noch die Granitsäulen vorhanden.
Auf den Granitgrund haben die alten Bauherren mit Ziegeln weiter gebaut. Da ist aber vieles schon arg verfallen.
An dem einem See muss wohl ein Steinbruch gewesen sein, denn halbfertige Säulen , aber auch nur abgespaltene Streinrohlinge liegen kreuz und quer zwischen den Felsbrocken. Fast alle Felsen haben lange Reihen von  Kerben, in die wohl  die Trennkeile eingeschlagen waren. Ein halb zerlegter Fels zeigt, wie präzise der Fels gespalten werden kann.
Anderen Felsen  sind einfach nur  mit Götterreliefs verziehrt.
Die Seen sind sauber und ziemlich fischreich. Einer der Fischer hatte gerade eine Mehrpfünder im Netz und hält ihn mir stolz hoch.  Bin aber noch mehr von seinen Nußschalenboot begeistert.
Wenn in Hampi Touristen anbettelnde Sahdus herum laufen, sitzen hier in den Tempeln echte  meditierende heilige Männer und werden ohne Fragen von den Indern mit paar Rupien bedacht.
Zum Essen fahre ich dann doch nach Hampi zurück. Schaue einer Straßenküche in die Töpfe und probieren dann ein Reis Curry mir frittierten Blütenknospen. Interessant dieser blumig-scharfe Geschmack und für 50rs (60cent) ein Alltagsessen für jedermann.  Auch südlich des Dorfes zeigt Oruxmap überall kleine Tempel Symbole. Der Baustoff Granit ist etwas für die Ewigkeit und überwachsene Säulen lassen nur ahnen, wie viele Tempel hier standen. Ein Teil des Königspalast ist touristisch "aufgearbeitet"
und sofort werden von Ausländern schon unverschämten 600rs Eintritt verlangt. Die vielen verfallenen Tempel in grünen Wiesen, die von Hirten durchzogen werden,  haben aber viel mehr von ihrer Ursprünglichkeit.
Ein Tempel ist heute Schauplatz eines Hindufestes. Es geht um Träume, die nur heute ein Gott irgendwie wahr werden lassen kann? Verstehe aber die Versuche  einer Erklärung nicht genau.  Ganz weltlich wird aber für alle üppig gekocht.

Solange ich esse drehen die Kinder mit meinem Rad Runde um Runde.
Auf dem Rückweg verfahre ich mich in den Bananenplantagen....
Da in Hampi Internet Glückssache ist und meine Sim Karte dort auch nicht funktioniert, lege ich, als ich zufällig Netz habe eine Stunde surfen ein und gratulierte meinem Vater vorzeitig zum 91. Happy birthday Vati.😁
Da es gestern so schön war, gibt es heute den nächsten Sonnenuntergang hoch über Hampi...

Habe soeben für drei weiter Nächte gebucht.



9.Nov.  Zucker
Heute mal keine Tempel. Mein Lieblings-Inder öffnet seinen Stand erst um 11, wenn die Touris ausgeschlafen haben aber am Busbahnhof gibt es schon genügend Auswahl. Zitronenreis und zwei in Kichererbsbrei getauchte und dann frittierte Chilischoten. Eine gute Grundlage für die nächsten 10h radeln.
Richtung Hospet, der nächsten Stadt liegen viele kleine Dörfer,
paar Seen und dazwischen Zuckerrohrfelder.
Zur Zeit ist Hochsaison der Ernte. Überall zwischen den Feldern kleine Zeltsiedlungen.
Wanderarbeiter und ihre Familien schuften hier für die nächsten Wochen. Zuckerrohr Stangen abzuschneiden und von den überflüssigen Blättern zu befreien ist echte Knochenarbeit.
Für wenige Rupies  wird den Arbeitern Wasser verkauft und ein Bananenblatt  voll mit Reis gibts für 10rs.
Die Macheten sind nach einer Stunde schon wieder stumpf, aber Steine zum schärfen liegen ja genug herum.
Am Feldrand spielen die Kinder. Selbst hoch schwangere Frauen schlagen im Akkord Stange um Stange und das bei der Hitze.  Ochsenwagen transportieren das Zuckerrohr bis an die Straße
wo schon Trucks für den Weitertransport stehen.
Keine einzige Maschine weit und breit.  Das ernten ist eine Sache, aber in Richtung Hospet steigen auch überall die Rauchsäulen der kleinen Zuckerfabriken in die Luft.  Der Saft wird, wie es auch die Erfrischungstände an den Straßen machen, durch Stahlwalzen aus dem Mark gepresst. Erstmal sieht die schmutzig braune Brühe nicht unbedingt appetitlich aus.
Der Rest des ausgepressten Zuckerrohrs landet zum weiteren trocknen in der Umgebung der Fabrik,
wird aber ziemlich schnell wieder als Brennmaterial zum einkochen  des Sirups verwendet.  Der Sirup blubbert und spritzt aus den Kesseln
und die Brandblasen des Umrührers zeigen, damit ist nicht zu spaßen. 
Auf der Zuckermasse schwimmt in schwarzem Schaum gebunden der ganze Dreck vom Feld. Lässt sich aber gut abschöpfen. Irgendwelche Chemie kommt aber auch in die Masse, aber nur paar Esslöffel auf paar hundert Liter Rohzucker.  Übrig bleibt eine goldgelbe Masse aus der ein betörender fruchtiger Dampf aufsteigt.

Das abgießen der Masse zum weiteren abkühlen hat schon was mit einem Abstich am Hochofen gemein. Erstarrt wandern die gelben Zuckerplatten dann in Pappkartons.
Bin eigentlich kein großer Zuckerfan,  der hier aber schmeckt sowas von fruchtig, dass es eigentlich schade ist, ihn irgendwann zu raffinieren, nur um ihn weiß zu bekommen... Einige der Brocken wandern in meine Wasserflaschen und aus dem fadem Wasser wird prima (leider warme) Limonade.
Kurz vor Hospet holen mich dann doch die alten Tempel wieder ein


aber auch ein Gurutempel, der auch in Disneyland stehen könnte.
Hospet mit seinen 200.000 Einwohnern ist eine ziemlich geschäftige Stadt mit einer langen Mainbazar Road. Das Kilo Orangen kostet hier aber reale 50rs und nicht 100rs wie in Hampi.
Den Heimweg nehme ich komplett durch die Felder und je tiefer die Sonne steht, desto schöner wird die Landschaft.

Kurz vor Hampi zeigt mir ein Seidenraupen Züchter noch stolz seine zig tausenden Kokons.
Das abwickeln der Fäden übernimmt dann aber doch eine Fabrik...
Nach 45km radeln in südindischer Hitze will ich gar nicht mehr heraus unter der kühlen Dusche.

Habe für übermorgen Nacht einen Sleeper nach Bangalore gebucht. Es geht also erstmals ins indische Silicon-Valley.

PS: habe mal nach dem Pulver, daß sie in dem Zucker beimischen gegooglet. SAFOLITE ist eine eine Formaldehyd Verbindung und dient als Antioxidanz.  Welcome in India😧


So. 10.Nov.
Schaut euch die Landschaft und die Dörfer an... , kann es da etwas anderes geben als den ganzen Tag nur einfach ins Blaue zu radeln ?! Und da mir selbst die weit über 40Grad in der Sonne kaum etwas ausmachen, war es wieder mal ein perfekter Tag.











Heute muß auch ein besondere Tag für die Muslime sein. Alle muslimischen Dörfern sind geschmückt und es wird gefeiert, was bei ihnen gemeinsam essen heißt.
Gäste sind willkommen, auch wenn sie einen extra Tisch bekommen. So kommt es, das ich mit der örtlichen indischen Polizei an der Tafel sitze....

In einem großen Tempel bin ich am späten Nachmittag der einzige Besucher. Als man den Tempel schließen will, muss man mich erst mal wecken ...
Nur gut, das sie mich nicht eingeschlossen haben.
Es muß im Umfeld stark geregnet haben, denn der so gutmütige Fluß in Hampi hat einen bestimmt 1,5m höheren Wasserstand und der Tempel neben dem Bootsanleger liegt heute mitten im Fluß.


Mo. 11.Nov. By by Hampi
Heute will ich endlich mal die Gegend nördlich von Hampi erkunden. Obwohl das alte Königreich beidseitig des Tungabhadra Flusses lag, ist heute eigentlich nur der südliche Teil für den Tourismus erschlossen.  Die nächste Brücke ist über 10km weit von Hampi entfernt, aber es gibt auch einige kleine Fährboote. Der Fährmann wartet noch15min und fährt dann doch mit nur mit mir und meinem Rad auf die andere Seite.
Von einer antiken Steinbrücke stehen nur noch auf 100m die Granitsäulen.
Fluß abwärts reihen sich aber weiter Tempel an Tempel und sogar einer der wenigen, die Eintritt wollen. Genau hier konzentriert sich der Massentourismus in seiner unschönen Seite.
Hauptattraktion:  eine Kopie eines steinernen Sonnenwagens. Dass ich in anderen Dörfern drei weiter Kopien finden werde, weiß ich bis dahin aber noch nicht. 


Habe auf meinen bisherigen Reisen noch nicht so viele solcher schönen Flecken Erde wie hier um Hampi gesehen....

 Die Dörfer hier sind mehr muslimisch. Statt der beherrschenden Zuckerrohr Felder und Bananenplantagenen um Hampi wird hier meist Reis angebaut. Die Berge voller Steinhaufen sind aber um ein vielfaches größer.
In einer Schule ist der Unterricht der Kleinen zu Ende und jedes Kind bekommt eine Schale Reis.
Einer der Lehrer teilt mit mir sein Mittagessen, das seine Frau für ihn in einem Henkeltopf gebracht hat. Die Kinder wollen, als sie mein Paket mit den Fotos in die Finger bekommen haben, gar nicht mehr nach Hause....
Irgendwann entschließen ich mich, doch die entfernte Brücke für den Rückweg zu nehmen. An einen gefluteten Steinbruch sonnt sich wirklich ein kleines Krokodil. Bevor ich aber das Teleobjektiv angeflanscht habe, bringt es sich ihm Wasser in Sicherheit. Die großen runden Steine werden überall zu handlichen Bausteinen gespalten. Der Granit in dem Steinbrüche hier aber ist in 10cm dicken Schichten abgelagert.
In mühsamer Handarbeit trennt eine Mann mit seiner Frau 50cm breite Platten vom Fels.
Wenn der Granit dann mit Feuer erhitzt wird, platzt er millimetergenau an der Naht, die mit Hammer und Meisel vor geklopft wurde.
Fast alle Tempel haben dann solche Platten als Dach, aber auch die alten Palaststraßen sind mit solchen Platten gepflastert....
Kurz vor Hampi wohnt an einem/seinem Tempel noch ein echter Sadhu, ganz ohne die Bemalung,  mit der die falschen Babas auf sich aufmerksam machen wollen. 

 Er lädt mich zu einem Tee ein, obwohl er kein Wort englisch spricht...Den Nachbartempel ist der eines schwulen Sadhus in Frauenkleidern.
Da er etwas englisch kann, spricht er ganz offen, was für Probleme er als Gay hat. Im christlichen Goa hätten sie ihn dafür schon fast verprügelt. Dorthin will er auf keinen Fall noch mal....
Auf den letzten Km nach Hampi wird es dann schon wieder stockdunkel.

Hänge noch etwas im GH ab, dem mein Bus geht erst 22:30.

Nächster post

Kommentare